Askanier und Kirche

Obwohl in der Zeit der Askanierherrschaft eine ganze Reihe von kirchlichen Bauten entstanden, die Markgrafen wohl selbst gläubige Christen waren, hatten sie aber immer auch ein beobachtendes Verhältnis zu den Kirchenfürsten, denen ja auch durch kaiserliche oder königliche Zugeständnisse, weltliche Rechte eingeräumt waren. So mußte Otto I. trotz Erringung des Markgrafentitels in Brandenburg es seinerzeit weiterhin leiden, daß in der Brandenburg auch der Bischof in reichsfürstlicher Stellung saß. Die Tatsache einer oft tiefgreifenden Einflußnahme der Kirchenfürsten in das weltliche Geschehen, brachte es zwangsläufig mit sich, daß jeder sich der „Oberherrlichkeit“ zu entledigen suchte. Die askanischen Markgrafen taten dies nicht immer mit „Schonung und Nachgiebigkeit“. Zahlreich waren die kämpferischen Auseinandersetzungen mit den Bischöfen von Magdeburg, Havelberg und Brandenburg.
 
Die askanischen Markgrafen wußten aber auch, daß die Klöster nicht selten die Ausgangspunkte geistiger Bildung, der Landwirtschaft, der Viehwirtschaft, des Gartenbaus, der Landeskultur und anderer für das Steuersäckel der Landesherren recht wertvoller Vorteile war. So erhielt das Kloster Chorin 1273, zu Beginn seines Baus, mit einer auf Burg Werbellin ausgestellten Urkunde die Bestätigung aller früher schon besessenen Schenkungen, Rechte, Güter und Freiheiten, wie am alten Standort auf Pehlitzwerder am Paarsteinsee. Otto mit dem Pfeil und sein Bruder Conrad bestätigten dem Kloster 1302, fast 30 Jahre später von Burg Grimnitz aus, die Schenkungen, die durch die Stadt Oderberg und dem Dorf Neuendorf gemacht worden waren.

Den tiefsitzenden Stachel der „Oberherrlichkeit“ versuchte die Kirche und an ihrer Spitze der Papst durch die Verhängung des „Interdikts“, ein Verbot der katholischen Kirche, Gottesdienste abzuhalten und das Sakrament zu spenden, zu lösen. Papst Bonifacius beklagte sich 1302, „daß die Markgrafen jede Entschädigung für die Unbill an die Bischöfe verweigerten“. Die Markgrafen ihrerseits erzwangen die geistlichen Handlungen, was wiederum die gegenseitige Aversion noch steigerte. In einer für die Askanier siegreichen Auseinandersetzung im Frühjahr 1302, gegen die drei kirchlichen Kurfürsten von Mainz, Trier und Celle, bewies Otto mit dem Pfeil großes diplomatisches Geschick. Durch seine Vermittlung soll es am 1. März 1302 zum Frieden von Speyer gekommen sein. Otto mit dem Pfeil versuchte, nach einer Akte vom 15. September 1304, (nach Brunold) eine Annährung an die Kirche, die er auch im Namen aller Markgrafen vornahm. Doch war die Zeit immer noch nicht reif, die Standpunkte unverrückbar. Erst als Markgraf Hermann sich vermittelnd einschaltete, gab Otto mit dem Pfeil und sein Bruder Konrad I. nach. Im Januar des Jahres 1305 kam es zum Frieden zwischen den brandenburgischen Askaniern und der Kirche. Exkommunikation (Ausschließung aus der Kirchengemeinschaft) und das auf der Markt liegende Interdikt wurde aufgehoben.

Ungeachtet immerwährenden Streites zwischen den Markgrafen und den Bischöfen über die Frage „Wer – Wen“ haben die Askanier doch sehr darauf geachtet, den christlichen Glauben zu fördern und zu festigen. Auch während des päpstlichen Interdikts erzwangen die Askanier die Abhaltung von Gottesdiensten. Infolge der langen slawischen Besiedlung in den ostelbischen Gebieten, war der christliche Glaube wenig oder gar nicht verbreitet. Vereinzelt wird in der slawischen Oberschicht, nach der Übernahme der Landesherrschaft durch die Askanier, auf Übertritte zum christlichen Glauben hingewiesen. Die breiten slawischen Volksschichten hingen aber nach wie vor dem Stammeskult an und leisteten mitunter, beim Versuch der Missionierung, auch heftigen Widerstand. Die Askanier haben diesen Widerstand, im Wendenkreuzzug im 12. und 13. Jh., zum Teil blutig unterdrückt. Der Grundsatz, wonach das Volk den Glauben der Landesherrschaft annehmen mußte, wurde durchgesetzt.

Zu den Choriner Mönchen hielten die Askanier gute Kontakte. Die Klöster in der Mark waren von großer politischer Bedeutung. Die geistlichen Orden trugen dazu bei, die slawische Kultur zu verdrängen und auszulöschen. Die Mönche berieten die askanischen Markgrafen, sie besuchten sie und und feierten mit ihnen auf den Burgen in Breden, Werbellin und Grimnitz. Beispielsweise wurde dem Expansionsdrang des Grafen von Belzig mit Hilfe der Lehniner Mönche entgegengewirkt. Die askanischen Markgrafen übertrugen dem Lehniner Kloster im Grenzbereich des Grafen ein größeres Gebiet und wirkten auf diesen Weise dem Siedlungsdrang des Grafen, durch die Anlage von Dörfern, entgegen. Mit Hilfe des Lehniner Klosters konnten die Askanier ihre Hoheitsrechte durchsetzen. Eine herausgehobene Bedeutung hatte das Lehniner Kloster neben der unterschiedlich geurteilten kolonisatorischen Funktion auch dadurch, daß es das erste Begräbniskloster der Askanier war. Das Schwester-Kloster Chorin war als Begräbniskloster für die ältere Linie der Askanier gedacht. 1258 wurde es den Zisterziensermönchen durch die askanischen Markgrafen Johan I. und Otto III. mit reichlich Grundbesitz gestiftet.

Quellen: Karl Ernst, Die Askanier | Um Eberswalde, Chorin und den Werbellinsee; Akademie-Verlag Berlin 1980 | Werbellinsee, Brockhaus Wanderheft; Brockhausverlag Leipzig 1976 | Mit freundlicher Unterstützung der Stadtbibliothek Joachimsthal.